Willensstarke Überlebens-Künstler:innen

– Vika, Milou und Jacques –

Eins ist klar, dieses Dreiergespann ist unbesiegbar. Das ist wohl das Erste, was mir einfällt, wenn ich an meine gute Freundin Vika und ihre zwei Kinder Milou (14) und Jacques (12) denke. An der Stelle oute ich mich direkt mal als Freundin der Familie. Als Vika mich fragte, ob ich einen Text über die drei schreiben mag, habe ich mich sehr gefreut und zugleich etwas eingeschüchtert gefühlt. Auch wenn sie felsenfest davon überzeugt ist, dass ich das auf jeden Fall sehr gut kann. Felsenfest überzeugt ist Vika von vielen Dingen, das macht ihren Charakter aus. Sie trägt eine unglaubliche Stärke in sich, die ich zutiefst bewundere. Und die hat sie definitiv jetzt schon an Jacques und Milou, ihre zwei wundervollen Wesen, weitergegeben.

Wenn die drei eins gemeinsam haben, dann dass sie sich nichts sagen lassen. Sie hinterfragen die Dinge, sie wollen überzeugt werden und nicht einfach nur annehmen. Drei Charaktere die unterschiedlicher und zugleich ähnlicher nicht sein könnten. Wenn ich sie manchmal so beobachte, muss ich grinsen, wie viel von Vika ich in Milou sehe, wenn die beiden sich, wie das Mutter und Tochter in dem Alter nun mal gelegentlich tun, streiten bis die Fetzen fliegen. Oder wenn ich mit Jacques diskutiere und er auf seiner Meinung beharrt oder, im Gegenteil, sich charmant aus der Affäre zieht. Sie alle haben ein großes Herz und lassen die Menschen, die sie lieben, an ihrem Leben Teil haben und überraschen mich jedes Mal mit einer Authentizität, die mich voll im Moment sein lässt.

Das können sie gut, sich einen schönen Ort schaffen, schöne Momente kreieren und andere Menschen voller Wertschätzung herzlich bei sich aufnehmen. Sie haben schon viel gemeinsam erlebt. Die ersten Jahre auf Bali dem Inselparadies: eine frühe Kindheit am Meer oder im Dschungel für Milou und Jacques, Vika als junge Mutter, Model und angehende Schmuckdesignerin. Hier entdeckte sie ihre Leidenschaft für nachhaltigen Silberschmuck und war zu der Zeit mit dem Vater der Kinder liiert. Nach der Trennung zurück in Deutschland, genauer gesagt in Köln, hätte die Umstellung für sie alle wohl nicht kontrastreicher sein können.

Zu dritt haben sie sich hier ein kleines Reich geschaffen und Vika ihr Business vorangetrieben. Als alleinerziehende Mutter mit zwei schulpflichtigen Kindern in einer Großstadt. Respekt. Wenn ich die Drei beobachte, sehe ich, wie sie funktionieren, wie eingespielt sie sind - ein Team. Sie sind eine Familie und wirken gleichzeitig wie die besten Freund:innen füreinander. Sie hören sich gegenseitig zu, mal mehr mal weniger, völlig normal, wenn drei temperamentvolle Menschen aufeinander treffen, die sich alle unterschiedlich artikulieren, obwohl sie dieselben Wurzeln, die gleiche DNA vereint.

Was ich an Milou und Jacques sehr bewundere, sind ihre Kreativität  sowie emotionale und logische Intelligenz. Sie schaffen nicht, sie erschaffen. Der eine am Klavier, die andere mit dem Pinsel auf der Leinwand. Darüber hinaus sind sie zwei unglaublich empathische Menschen, die für ihr Alter schon viel gesehen, in Form von verschiedenen Ländern und Kulturen, die sie ihr längere Zeit ihr Zuhause nannten, und Menschen getroffen haben, die ihnen ein Feingefühl sowie Sinn für Toleranz und Gerechtigkeit mit auf den Weg gaben, sodass ich bei unseren Begegnungen jedes Mal aufs Neue absolut fasziniert von ihnen bin. 

Während ich das schreibe, denke ich daran, wie leidenschaftlich gern Vika singt, tanzt und malt oder zeichnet, Designs entwirft. Ihr Sinn für das Schöne im Leben und wie sie kompromisslos ihr Recht auf Spaß und Vergnügen einfordert. Etwas, was sie neben dem sicherlich oft nicht einfachen Alltag als alleinstehende und -erziehende sowie selbstständige Frau in der Öffentlichkeit mit einem eigenen Schmuck Label definitiv verdient hat. Wir dürfen die Freude und das Leichte im Leben nicht vergessen, egal wie aussichtslos oder existenziell bedrohlich manchmal alles scheint. Ich denke, dass will sie ihren Mitmenschen, aber in erster Linie ihren Kindern, in solchen Momenten sagen. Und das ist, wenn wir mal ehrlich sind, eine echt gute Lektion fürs Leben. Dazu auch noch sehr nachhaltig… so wie ihr Schmuckkreationen.

Sie geht ihren eigenen Weg und das allein schon deswegen, weil sie nicht die gesellschaftliche Normvorstellung eines klassischen Familienbildes lebt. Für mich sind Vika, Milou und Jacques der Beweis dafür, dass es keine Normvorstellungen braucht. Wenn ich sie gemeinsam über witzige TikTok Reels oder infantile Witze gackern und laut lachen höre, bin ich jedes Mal gerührt und verspüre eine unglaubliche Verbundenheit bei ihnen. Eine Verbundenheit, die sich nicht durch pubertäre Herausforderungen oder manchmal sogar  existenzielle, bedrohen, geschweige denn brechen lässt. Es ist schon verrückt, wie unterschiedlich wir Familie erleben und wie unsere Vorstellungen davon geprägt sind, was intakt oder kaputt bedeutet. Wie viele Elternteile sind normal und welche sexuelle Orientierung sollten sie haben, beziehungsweise besser nicht haben? Alles Blödsinn.

Weiter geht die Reise, dieses Mal nach Berlin und das während Corona. Egal, die drei inspirieren sich, sie wachsen an- und miteinander, sie leben gemeinsam auf Augenhöhe in ihrer eigenen kleinen Welt. Ja, das schreibe ich bewusst. Wie bereits erwähnt, schaffen sie sich ihre gemütlichen Wohlfühl-Orte und man erkennt ihre Liebe für das Schöne, die Kunst und Musik, gutes Essen, Neugier auf Neues in jeder Ecke ihres Zuhauses. Ein Basketballkorb hier, ein Boxsack dort, ein Klavier gegenüber eines Schachbretts, einladend neben zwei Sesseln drapiert. Designs und Schmuck neben Schulaufgaben und Computerspielen, Leinwände und Pinsel hinter Ringlicht und Pflanzenwald. Kontrolliertes, strukturiertes, organisiertes Chaos – mit Liebe zum Detail und Hang zur Gemütlichkeit.

Es funktioniert.

Für mich sind sie nicht nur ein Vorbild, wenn es um alternative Lebensstile geht, sondern auch als Menschen. Jede:r für sich. Und die Welt kann sich auf was gefasst machen, wenn Milou und Jacques mit dem Durchsetzungsvermögen, Mut und der inneren Stärke ihrer Mutter losziehen – das Nest verlassen. Jetzt überwiegt noch die altersbedingte Schüchternheit, die ich auch bei Vika in manchen Momenten erkenne, wenn sie sich einer Situation noch nicht gewachsen fühlt, aber wenn ich in die Augen der beiden Heranwachsenden blicke, erkenne ich bereits ihren starken Willen und Neugier auf das Leben.

Willensstarke Überlebens-Künstler:innen. Das sind sie. Alle drei.

Über die Autorin:


Nadine Primo lebt in Berlin und ist selbstständig als freie Autorin, Redakteurin und Content Creatorin tätig. Als Vertreterin der queeren Community teilt sie auf ihrem Blog und Instagram persönliche Erlebnisse aus ihrem Alltag als bisexuelle Frau und macht auf anhaltende Ungerechtigkeiten im Patriarchat sowie mentale Gesundheit, allen voran Depressionen, aufmerksam.

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Und ihr neues Buch:

Wer bin ich und wer will ich sein? Wen und wie liebe ich? Und wie stehe ich für mich selbst und meine Grenzen ein?
Wie viele junge Menschen sieht sich auch Nadine Primo mit diesen tiefgehenden Fragen konfrontiert. Unterhaltsam, ehrlich und ungeschönt erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen und gibt dabei intime Einblicke in das Gefühls- und Datingleben einer bisexuellen Frau: Von Selbstfindung und Identitätskrisen über die Frage nach der sexuellen Orientierung bis hin zu alternativen Beziehungskonzepten zeigt sie, wie vielfältig und selbstbestimmt wir unser Leben gestalten können und warum es bei ihr erst zu Grenzüberschreitungen kommen musste, bevor sie ihre Grenzen wirklich erkennen und zu verteidigen lernte. So macht sie auch anderen Mut und gibt ihnen das Selbstvertrauen, alte Rollenbilder zu hinterfragen und für sich einzustehen.

Pressestimmen
„Zwischen den Seiten finden sich psychologisches Wissen und Geschichten, die im Kopf bleiben.“ Emotion.de